Umdenken erforderlich: Hilfe annehmen ist Stärke
„Therapie? Brauch´ ich nicht.“ Von Männern hört man diesen Satz häufiger als von Frauen. Das behaupten zumindest psychologische Experten immer wieder. Aktuell greift die Januar-Ausgabe von Psychologie heute das Thema auf: Dem männlichen Geschlecht falle es nach wie vor schwer, mentale Probleme zuzugeben und Hilfe anzunehmen.
Männer sterben lieber, als bei seelischem Leid um Hilfe zu bitten. Die männliche Suizidrate ist dreimal höher als die von Frauen. Dabei wird Frauen doppelt so oft eine Depression diagnostiziert, welche häufig Grund bei Selbstmorden ist. Erschütternd war 2009 der Fall von Robert Enke. Mit 32 Jahren setzte der Nationaltorwart seinem Leben an einem Bahnübergang ein Ende. Seine „Lösung“ für die Depression, die ihn jahrelang einsam quälte.
Abwehr sehen und verstehen
Männliche Ablehnung gegenüber psychotherapeutischen Angeboten ist ein Problem. Ich kenne sie selbst. Aus der Praxis als Lebensberater und meiner eigenen Biografie. Der Widerstand, der am Anfang steht, ist enorm. Zugeben, dass man Probleme hat und Hilfe braucht; das passt nicht ins männliche Selbstverständnis. Hat der eigene Vater je über seine Probleme geredet? Hart gearbeitet hat er und sich nicht beschwert. Geschwiegen, das hat er. Ausgerastet ist er –manchmal aus heiterem Himmel. Das haben viele Söhne erlebt und erliegen daher dem Irrglauben, es sei als Mann ein Zeichen von Schwäche, seelisches Leid einzugestehen.
Viele reden nicht einmal mit dem engsten Freund über seelische und emotionale Beastungen.
Ein Großteil spricht nicht mal mit dem engsten Freund über Ängste oder Probleme mit der Partnerin und im Job. Wie soll dann der Schritt gelingen, um professionelle Hilfe zu bitten, wenn es wirklich brennt?
Vorurteil: Therapie ist „Frauending“
Dass Psychotherapie bisher eine weibliche Domäne ist, macht es für Männer nicht einfacher, ihre Vorbehalte abzubauen. Zahlen belegen, dass drei Viertel aller Therapeuten weiblich sind und nur ein drittel der Patienten männlich, so der Artikel. Das könnte zu dem irrigen Schluss führen, Männer hätten weniger Probleme. Oder Frauen seien besser geeignet für Therapie. Beides falsch. Mir scheint, als versteckt sich männliches Leid nur geschickter als weibliches.
Männer haben sozialisationsbedingte Abwehrstrategien entwickelt, die es erschweren, Ängste und Depressionen zu erkennen
Männer haben sozialisationsbedingte Abwehrstrategien entwickelt, die es erschweren, Ängste und Depressionen zu erkennen. Teilweise wird männliche Abwehr sogar „belohnt“. So kann übertriebene Arbeitswut großen wirtschaftlichen Erfolg und soziale Anerkennung bringen. Doch in meiner Praxis kauern sie dann: Männer die im Beruf ganz oben stehen und gleichzeitig eine innere Leere fühlen, für die sie keine Worte haben. Vor der sie bisher geflohen sind – in noch mehr Arbeit und Erfolg. Sie steht sicher, die männliche Abwehr. Bagatellisieren, ablenken, rationalisieren. Man hat alles im Griff, so schlimm ist es doch nicht – bis man dann plötzlich den Boden unter den Füssen verliert und vielleicht keinen Ausweg mehr sieht. Aber Therapie? Brauch ich nicht! Ist ja eh´ so ein Frauending.
Lösung: Männerspezifische Therapie-Angebote
Aus diesen Gründen ist es wichtig, Therapieangebote zu schaffen, die männliche Eigenheiten und Bedürfnisse berücksichtigen. Zu diesem Schluss kommt auch der Artikel. Es ist notwendig, männliche Klienten an einem anderen Punkt abzuholen, als weibliche.
Zum Abbau der Erstabwehr kann ein männlicher Therapeut besser geeignet sein, als ein weiblicher.
Zum Abbau der Erstabwehr kann ein männlicher Therapeut besser geeignet sein, als ein weiblicher. Niederschwellige Angebote wie unsere Schorndorfer Männergruppe helfen, Vorbehalte abzubauen. Ich erlebe bei den monatlichen Treffen immer wieder, wie kraftvoll und stark es ist, wenn Männer beginnen, sich zu öffnen. Schwächen und Probleme eingestehen und von ihren Geschlechtsgenossen gespiegelt bekommen: „Du bist nicht alleine mit deinen Ängsten und Sorgen“. Diese Erkenntnis führt schon mal zu Tränen und dazu dass gestandene Geschäftsmänner sich tröstend in den Armen liegen.
Am Ende stellen sie fest, es ist kein Zeichen von Schwäche, sich zu öffnen und um Hilfe zu bitten – sondern von Mut. Einige finden anschließend den Weg in meine Einzelsitzungen. Im Nachhinein wundern sie sich nur, warum sie so lange gewartet haben, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Wenn du nicht mehr warten willst, dann schau unverbindlich in unserer Männergruppe vorbei oder melde dich für ein Erstgespräch mit uns.